Geistige Nahrung

Das Heilige aufsuchen

Die Heiligen oder Seligen waren erfüllt von einer Sehnsucht ...

04.11.2009
In der im Jahr 2008 neu veröffentlichten Vita des Seligen schildert Schulenburg auch die Gymnasialzeit von Jakob Kern, die er in Hollabrunn verbrachte. Oft war der kleine Franz, wie Kern mit dem Taufnamen hieß, in der Kapelle des dortigen erzbischöflichen Seminars zu finden. Er war dabei meist so ins Gebet vertieft, dass man ihn extra rufen musste, damit er keinen Termin versäumte.

Kritisch betrachtet, könnte mancher meinen, der selige Jakob Kern war ein Träumer. Doch wer mit den Augen des Herzens auf dieses Phänomen hinsieht, wird bemerken, dass der kleine Gymnasiast in Hollabrunn schon sehr früh die Gabe der Unterscheidung besaß. Er konnte das Wesentliche vom rein Formalen und Oberflächlichen trennen.

Jetzt, nach dem Allerheiligenfest, darf uns weiterhin bewusst bleiben, dass diejenigen Menschen, die wir als Heilige oder Selige verehren, niemals nur den Schein nach außen wahrten. Sie waren vielmehr erfüllt von der Sehnsucht, Gott zu suchen und nicht von ihm zu weichen. Aus dieser angestrebten Gottesnähe erwuchsen dann auch die Früchte all ihrer heroischen oder caritativen Werke und Lebensweisen.

Die Reliquien des seligen Seminaristen von Hollabrunn ruhen nun in der Stiftskirche von Geras. Viele Menschen gehen daran vorüber, wenn sie die Stiftsbasilika betreten. Oft schauen sie nur die Kunstwerke an und verlassen unverrichteter Dinge wieder das Gotteshaus. Als Beobachter könnte man meinen, sie hätten nicht begriffen, warum die Kirche so großartig ausgestaltet wurde. Dabei ist hier die Kunst eindeutig Mittel zum Zweck: nämlich den Betrachter einzuladen, in der Nähe des Heiligen zu bleiben. Dem seligen Jakob Kern war das schon als Kind bewusst.

Vielleicht darf es den Lesern dieser Spalte eine Einladung sein, vermehrt die Nähe des Heiligen zu suchen und das Heilige mehr in ihr eigenes Leben einzubauen. Konkret sind damit der Empfang der kirchlichen Sakramente, das Lesen der Heiligen Schrift, der Besuch einer Kirche zum Gebet, das Verwenden des Weihwassers im eigenen Haus und die bewussten Zeichen der Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten, vor den Bildern Jesu und der Heiligen gemeint.
Wer jeden Tag in kleinen Schritten versucht, das umzusetzen, heiligt sich und seine Umgebung.
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